Vom Winde verweht
Bootshausfest - 30.06.2001
Um die natürliche Fluktuation in den Reihen der Clausthal RainRiders auszugleichen nutzen wir, wie der eine oder andere vielleicht schon einmal bemerkt hat, sich bietende Gelegenheiten, um uns und unsere Aktivitäten den potentiellen Interessenten am Kajaksport vorzustellen und so den einen oder anderen Blut lecken zu lassen. Das alljährliche Bootshausfest der TU Clausthal bietet sich hierzu besonders an, da die Teilnehmer ja quasi hydrophil "vorselektiert" sind. Dementsprechend fahren wir also auch dies Jahr wieder an die Okertalsperre.
Ein vorhergehendes Brainstorming hatte unter anderem Vorführung von Grundtechniken wie Geradeausfahrt, Bogenschläge, Ziehschläge sowie von Rolltechniken und Grundzügen der modernen Rodeotechnik, geführte Mini-Kajaktouren, Bergemanöver, einschlägigie Wildwasservideos, sowie natürlich das Beantworten vieler Fragen zum Ergebnis gehabt. Da die Unischwimmhalle für die Ferien gerade geschlossen worden ist, verlegen wir in diesem Zusammenhang gleich das gesamte Material ins Bootshaus und können so die ganzen bunten Leckerlis als Lockmittel dekorativ in der brennenden Sonne auslegen. Beim Aufbau habe ich schon irgendwie das Gefühl, dass einige Besucher auffällig um uns herumlungern, aber nicht die Zeit, weiter darüber nachzudenken. Noch schnell einen Blick auf den Zeitplan der anderen Sportarten getan, einen eigenen aus dem Boden gestampft und groß ausgehängt, und dann sind auch schon die ersten Schnupperpaddler da. Kurzes Interview - schon mal gepaddelt, könnt ihr schwimmen? - eine Einweisung in das Wesentliche und ab zum Steg mit Boot, Paddel und Spritzdecke. Als ich nochmal kurz zum Bootshaus hochlaufe, um etwas nachzuholen, sehe ich, wie Friederike mit dem nächsten Grüppchen am Plaudern ist, und Shandor, Patrick, Sven, Matthias, Christian usw. sind nach kurzer Zeit auch gut beschäftigt. Langsam wird es eng auf dem Steg, ich verdrücke mich daher mit Jan und Armin auf das Wasser, wo wir eine schöne Runde drehen und uns nicht nur über das Paddeln unterhalten. Ich bin hier übrigens das Ende einer Stille-Post-Kette und höre eine amüsante Version von Gunnars ungewollter Klamm-Übernachtung vom letzten Jahr, die über viele Umwege wieder bei mir angekommen ist und unverdienterweise den Clausthal RainRiders zugeschrieben wird. Danach kann ich dann meinerseits die "Wahre Geschichte" erzählen...
Wieder am Steg angekommen sehe ich, dass die Nachfrage die anderen gut in Trab hält, es sind nur wenige von unseren Booten an Land, und das ändert sich im Laufe des Nachmittags kaum. In kleinen Gruppen sind immer wieder Neugierige auf dem Wasser und wir sind gerade genug, um alle betreuen zu können. Ungewollte Schwimmübungen sind die Ausnahme und bei paradiesischem Wetter und warmem Wasser auch nicht unangenehm. Am "Bahnhof Steg" herrscht emsiges Treiben, alles läuft prima. Ups, da fällt uns gerade noch rechtzeitig ein, dass wir ja für unsere Vorführung sowohl Boote als auch fähige Paddler brauchen, sodass wir das Probepaddeln für kurze Zeit unterbrechen. Von der Terrasse des Bootshauses aus betrachten bald darauf die, dies interessiert, unsere drei Vorführmodelle im Stausee und lassen sich deren Manöver wie Grundtechniken, Rolltraining, Hecksquirts und anderes erklären. Im Anschluß erkenne ich am Steg bei den wiederaufgenommenen Schnuppertouren viele der vorherigen Zuhörer wieder.
So geht es weiter bis in den späten Nachmittag hinein, Leute fragen, testen, paddeln - natürlich nicht nur bei uns, auch Surfbretter, Segeljollen und Ruderboote sind mehr auf dem Wasser als an Land, auf dem See ist Verkehr wie selten. Irgendwann zieht eine tiefschwarze Gewitterfront auf. Sie steht sehr lange Zeit unbeweglich am anderen Ende des Sees, bei uns scheint weiter die Sonne und es ist nahezu windstill, sehr zum Ärger für viele der erfahreneren Segler und Surfer. Ich beschließe, die trockenen Sachen in das Bootshaus zu legen, falls es anfangen sollte zu regnen. Mit einem Arm voller Sachen gehe ich hinein und lege sie ans Ende des Ganges. Als ich wieder nach draußen komme, hat die Welt sich verändert: Vor der Tür schlagen einige Surfsegel wild im Sturm, Spritzdecken und Stühle rutschen durch die Gegend, alle laufen hektisch durcheinander und tragen Ausrüstung umher, Türen schlagen - ein Blick auf den See: Kabbelige Wellen, so weit das Auge reicht, Surfer sind zu Wasserkäfern geworden, es treiben mehr Jollen kieloben als richtigrum, und von den zwei Paddelgruppen, die auf dem See sind, sehe ich gar nichts.
Durch abhebende Surfbretter und fliegende Paddel, schwankende Leute und segelnden Kleinkram laufe ich zum Steg, welcher wegen eines gerissenen Seils nur noch mit einer Ecke am Ufer hängt. Shandor kommt von der einen Gruppe zu uns gepaddelt und möchte dringen Schwimmwesten und Seile. Er fährt mit Friederike wieder zurück, um den anderen zu helfen, und Patrick, Christian und ich selbst werfen uns in Schwimmwesten, greifen noch einen Wurfsack und paddeln hinterher. Wir kommen gegen den Wind und die Wellen nur langsam voran und sind schon lange bevor wir die anderen erreichen klatschnaß. Ein "Testling" war vom Sturm aus dem Boot geholt worden und hatte begleitet von der Gruppe schwimmend das nächste Ufer erreicht. Nach seinem Wiedereinstieg improvisiert Friederike dann die Bergemethode "Päckchen bilden und Schleppen", mit der wir, da der Wind uns richtung Bootshaus treibt, auch bald dort ankommen. Währenddessen beobachte ich, wie das kleine DLRG-Boot jede Menge zu tun hat, um all die treibenden Surfer ans Ufer zu bringen. Unsere Schäfchen, die in Kajaks an verschiedenen Stellen des Sees verschiedene Zustände durchleben, bringen wir selbst ins trockene. Kurze Frage: Ist noch jemand auf dem Wasser? Wir paddeln zu dritt noch um eine Klippe, aber so weit das Auge reicht ist ausser treibenden Segelbooten und Surfern nichts zu sehen. Am Bootshaus zählen wir wieder und wieder die Kajaks und versichern uns, dass wirklich alle an Land sind und nicht etwa jemand ein *leeres* Boot aus dem See gezogen hat. Es waren zwar alle in Gruppen unterwegs, aber man weiß ja nie...klatschnaß komme ich inmitten eines Berges hektisch zusammengeworfener Ausrüstung zur Ruhe und betrachte das anhaltende Treiben um das Bootshaus. Der losgerissene Rudersteg treibt Richtung Seglersteg; an diesem ist ein angelegtes Segelboot umgekippt. Die Segler sitzen wie Ameisen davor, darauf, schwimmen darum herum. Immernoch werden Sachen zusammengetragen. Die DLRG fährt eine hoffentlich letzte Sicherheitsrunde über den See. So langsam kann man wieder ans Essen denken.
Was haben wir gelernt? Es macht Sinn, bei großen Veranstaltungen dieser Art eine Liste zu führen, welche Boote und / oder Personen sich auf dem Wasser befinden. Auch auf dem See hat ein Wurfsack durchaus Verwendung. Kleine Gruppen sind von Vorteil. Und: Jollen kippen schneller als Kajaks!
Es war ein schöner Tag auf dem Stausee. Es war schön, dass so viele mitgeholfen haben; und danke an die unfreiwilligen Sturmtestpaddler fürs Coolbleiben! Vielleicht haben ja einige Lust auf mehr bekommen.